Berlin (scp) – Fachkräfte für soziale Dienstleistungen, insbesondere in der Alten- und Krankenpflege, werden dringend gesucht. Die Bundesagentur für Arbeit signalisiert für alle 16 Bundesländer beginnende oder bereits gravierende Fachkräfteengpässe. Trotzdem sind die Brutto-Stundenlöhne von examinierten Kräften in der Altenpflege mit im Mittel 14,24 Euro und in der Krankenpflege (16,23 Euro) spürbar niedriger als der Mittelwert für alle Beschäftigten in Deutschland, der bei 16,97 Euro liegt.
Das zeigt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Helferinnen und Helfer in der Kranken- und der Altenpflege verdienen mit 11,09 bzw. 11,49 Euro brutto pro Stunde noch deutlich weniger.
Das niedrige Einkommen sei ein zentraler Faktor, der eine Beschäftigung in sozialen Dienstleistungsberufen unattraktiv mache, so die Stiftung weiter. Weitere Hürden sind körperliche und seelische Überlastung, oft in Folge zu schlechter Personalausstattung, für den Lebensunterhalt zu kurze, ungünstige Arbeitszeiten, oft am Abend oder am Wochenende, und ein unübersichtliches Ausbildungssystem in diesen Berufen, das berufliche Mobilität und Entwicklung im Lebensverlauf erschwert.
„Soziale Dienstleistungen sind Teil der gesellschaftlichen Infrastruktur", schreiben die Böckler-Expertinnen Christina Schildmann und Dr. Dorothea Voss in ihrer Untersuchung. Deutschland könne es sich nicht länger leisten, bei der Versorgung mit Pflegeleistungen implizit immer noch auf ein „familienbasiertes" System zu setzen, bei dem ein großer Teil der Arbeit von Angehörigen oder Freunden scheinbar kostenlos übernommen werde.
Die Fiktion, extrem wichtige Dienstleistungen umsonst zu bekommen, könne nicht mehr aufrechterhalten werden, betonen die Wissenschaftlerinnen weiter. Eine umfassende „Aufwertung sozialer Dienstleistungen", die Sozialberufe attraktiver macht, sei auch volkswirtschaftlich absolut sinnvoll, zumal durch höhere Löhne und größeres Arbeitszeitvolumen der Beschäftigten Staat und Sozialversicherungen zusätzliche Einnahmen erzielten.
In ihrer Untersuchung zeigen Schildmann und Voss auf, wie man den oft problematischen Ist-Zustand im Sozialbereich verbessern könnte – und wo derzeit Stolpersteine liegen. Hierzu zählt u. a. die Sicherstellung (besserer) verbindlicher Personalschlüssel. Hier habe die langjährige Unterfinanzierung dazu geführt, dass die Personaldecken strukturell zu dünn seien. Eine schlechte Personalausstattung führe aber rasch in einen „Teufelskreis", warnen die Wissenschaftlerinnen. Überlastete Beschäftigte werden häufiger krank, sie steigen aus dem Beruf aus oder müssen gar vorzeitig unfreiwillig in den Ruhestand gehen.
Eine weitere Möglichkeit sei eine bessere Bezahlung nach Tarif mit einer möglichst breiten Tarifbindung. So würden in all diesen Berufen Beschäftigte im Durchschnitt mit monatlich 422 Euro profitieren, wenn sie nach Tarif bezahlt würden.
Ansatzpunkte gebe es auch im Bereich längerer Arbeitszeiten und einer besseren Qualifizierung. Die langjährige strikte Linie, Kosten im Pflegebereich möglichst zu deckeln, ist nach der Böckler-Analyse ein wesentlicher Grund dafür, dass viele Beschäftigte nur kurze Teilzeitstellen haben. Krankenhäuser oder Pflegeheime seien oft dazu übergegangen, Arbeitsabläufe wie in einer Fabrik zu zerlegen und Fachkräfte nur dort einzusetzen, wo es unabdingbar sei. Die Lücke füllten Hilfskräfte, die vor allem dann eingesetzt werden, wenn im Tagesablauf „alle Hände gebraucht werden".
Hinzu komme, dass vor allem Hilfskräfte Teilzeitarbeit wählten, um mit hohen Arbeitsbelastungen bei schlechter Bezahlung zurecht zu kommen. Im Ergebnis liege die Teilzeitquote bei sozialen Berufen in Deutschland deutlich über dem europäischen Durchschnitt, und das vor allem bei Helfertätigkeiten.
Neben Verbesserungen bei der Finanzierung sei es aus Sicht der Forscherinnen deshalb zentral, die beruflichen Einstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten in sozialen Dienstleistungen zu verbessern. Dazu gehöre, die Vielfalt unübersichtlicher und teilweise von Bundesland zu Bundesland unterschiedlicher zweijähriger Helferinnenausbildungen zu systematisieren. Zudem müsse die Weiterqualifizierung für Hilfskräfte stringenter und einfacher gemacht werden.
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